Wintersemester 2017/2018

Geschwisterkünste

Vorlesung im Rahmen des ‚Studium generale‘
Di 18 h c.t.
Kupferbau, Hörsaal 21

‚Ut pictura poesis‘ – ‚wie die Malerei, so (ist) die Dichtung‘: diese mißverstandene Formel aus Horaz‘ Ars poetica gehört zu den wirkmächtigsten Konzepten der Kunst und ihrer Geschichte. Ein ‚Kräftemessen‘ ist die Folge vorgeblicher Gleichheit: Im Paragone, einem Wettstreit, sucht die Dichtung die Malerei zu überbieten, und umgekehrt erhebt die Malerei den Anspruch, der Dichtung überlegen zu sein. Die Folge ist, daß die Dichtung Bezug nimmt auf die Malerei in der Absicht, die Möglichkeiten der sprachlichen Repräsentation auszuspielen gegen die Möglichkeiten der bildlichen Repräsentation, daß ihrerseits die Malerei auf größere Effekte der Anschaulichkeit setzt, mit der wiederum die Dichtung zu konkurrieren sucht.

Das Verhältnis von Bild und Text, Intermedialität, auch Interartialität, gehört seit mehr als drei Jahrzehnten zu einem bevorzugten Gegenstand der Forschung. Dabei scheinen basale Fragen außer acht zu bleiben, Fragen, die in der Textwissenschaft und in der Bildwissenschaft jeweils getrennt diskutiert werden und die gleichwohl mit Gewinn für die genauere Kenntnis beider Künste ihrerseits ins Verhältnis zueinander gebracht werden könnten – Fragen also, auf die die Vorlesung an prominenten Beispielen Antworten zu geben sucht: Was ist ein Bild? Was ist ein Text? Welche Bedeutung haben vorästhetische Theorien von Bild und Text für das Verständnis moderner Theorien? Haben Bilder und Texte grundsätzlich einen unterschiedlichen Realitätsbezug? Was können Bilder zur Anschauung bringen, was Texte nicht vermögen – und umgekehrt? Worin unterscheiden sich Bilder und Texte in der Konstitution von Bedeutung? Und nicht zuletzt: Was ist der Grund dafür, daß Texte auf Bilder Bezug nehmen und Bilder auf Texte? Gerade die letzte Frage soll nach einer allgemein bild- und texttheoretischen Grundlegung im Mittelpunk der Vorlesung stehen und an konkreten Beispielen von der frühen griechischen Antike bis in die Gegenwart erörtert werden. Dabei wird sich zeigen, daß die Gründe vielfältig sind.

24.10.2017: Was ist ein Text? Was ist ein Bild?

07.11.2017: ‚Ekphrasis‘: Zwischen Rhetorik und Poietik

14.11.2017: Ein Paradigma ekphrastsichen Schreibens: Homers Beschreibung des Schildes des Achilleus

28.11.2017: Über den Grund ekphrastischen Schreibens: Platon und die vorästhetische Bildtheorie

05.12.2017: „Die Dichter sollen immer malen“: Lessings Laokoon und die Folgen

12.12.2017: Die Dichtung der Landschaft: La Montagne Sainte-Victoire

09.01.2018: Le parti pris des choses: Francis Ponge und die ‚Wortdinge‘

16.01.2018: Dantes Commedia und ihre Illustratoren

23.01.2018: Marcel Prousts Recherche und die Kunst

30.01.2018: Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Joachim Knape, Prof. Dr. Sergiusz Michalski und Prof. Dr. Maria Moog-Grünewald: Was ist ein Bild? Was ist ein Text?

 

 

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