Maria Moog-Grünewald ist Literaturwissenschaftlerin mit Lehrstuhl für Romanische Philologie und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen seit 1992
Ethischer wie ästhetischer Reflexion eignet ein entgrenzender Gestus, ein mit hohen Erwartungen befrachtetes Sich-Öffnen für die Fragestellungen und Denkstrukturen der jeweils anderen Disziplin. Ethik, die als ,Selbstsorge‘ das erfüllte Leben des Einzelnen zu ihrem Gegenstand macht, erkennt sich auf ›ästhetisches Denken‹ verwiesen, das das Besondere, statt als Fall einer Regel, in seiner Besonderheit im Blick hält; ›Ethopoiesis‹ ist ihr Thema. Umgekehrt gewinnt ästhetisches Denken in seiner metaphysikkritischen Orientierung ethischen Gehalt in dem Maße, wie die Ethik ihre Sätze nicht mehr metaphysisch begründen kann oder will.
Die Beiträge des vorliegenden Buches stellen grundlegende und zugleich gegenwärtig prominente Konzepte einer Zuordnung oder auch entschiedenen Abgrenzung von Ästhetik und Ethik und deren Begründung und Stellenwert im Denken des jeweiligen Autors zur Diskussion, als mögliche, zugleich auch gebotene Orientierungspunkte der aktuellen Debatte. Befragt werden unter dieser Perspektive Kant, Schiller, Nietzsche, Rosenzweig, Levinas, Luhmann; ethische Implikationen ästhetischer Konzepte werden am Beispiel des Tragödiendiskurses des frühen 20. Jahrhunderts sowie des Diskurses des Phantastischen erörtert.