Maria Moog-Grünewald ist Literaturwissenschaftlerin mit Lehrstuhl für Romanische Philologie und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen seit 1992
Organisation: Prof. em. Dr. Maria Moog-Grünewald, Romanistik und Komparatistik
Mi 18-20 Uhr
Hörsaal 22, Kupferbau
‚Modern‘ ist ein leichtsinnig gebrauchter und fahrlässig verbrauchter Begriff – zur distinkten Bezeichnung kaum (mehr) tauglich. Gleiches gilt für ‚die Moderne‘: Über ihre zeitliche Bestimmung gibt es keinen Konsens. Der Begriff der ‚Sattelzeit‘, eine Metapher, mit der Reinhard Koselleck jene ‚Epochenschwelle‘ zwischen Früher Neuzeit und Moderne wirkmächtig in die Diskussion brachte, ist inzwischen zu einer wohlfeilen Referenz verkommen. Die Schwierigkeit jeder Zeit-, gar Epochenbestimmung liegt darin, dass es bei genauerem Besehen so etwas wie radikale Einschnitte nicht gibt. Schon Begriff und Sache der ‚Revolution‘, der Umwälzung, sind janusgesichtig: der auf eine andere Zukunft zielende Umsturz hat – wie absichtsvoll auch immer – einen Bezug zur Vergangenheit: Die sog. ‚Große Revolution‘ von 1789 ist nurmehr das eklatanteste Beispiel. Und doch ist bei aller notwendigen Austarierung der epochalen Übergänge, der historischen Phasenverschiebungen eine fundamentale Differenz auszumachen zwischen ‚Moderne‘ und ‚Antike‘, jeweils verstanden als longue durée: es ist – kurz gesagt – die Differenz in der Bestimmung der Rationalität. Und es war im wesentlichen der Nominalismus des 14. Jahrhunderts, dessen Vernunftbegriff für die nachfolgenden Jahrhunderte prägend wurde, den „philosophischen Diskurs der Moderne“ (Habermas) initiierte. Was aber bislang kaum gesehen und richtig eingeschätzt wurde: Der ‚ästhetisch-künstlerische Diskurs‘ der Moderne ist zugleich mit- und widerstreitend; die Kunst, die Literatur (nicht anders als die Musik) gehen durchaus den Weg der Moderne, doch sie setzen zugleich eigene Akzente, indem sie weitgehend – wie absichtsvoll auch immer – einer Rationalität der Vormoderne verpflichtet bleiben. Die Vorlesung möchte die Probe aufs Exempel machen.
23.10.2019: Modern/Moderne – Versuch, einen Begriff zu bestimmen
30.10.2019: Theologischer Absolutismus? Petrarcas Secretum
06.11.2019: Mundane Selbstbehauptung? Boccaccios Decameron
13.11.2019: Universalienstreit: Der Sieg des Nominalismus und die Folgen für die Moderne
27.11.2019: Exemplum und Kontingenz: Machiavellis Il Principe
04.12.2019: Erfahrung der Vielheit: Montaignes Essais
11.12.2019: Denken als Prinzip: Descartes‘ Discours de la Méthode und Meditationes
08.01.2020: Prof. Dr. Arbogast Schmitt, Universität Marburg: Ein Rückblick – Descartes und Platon
15.01.2020: Einspruch als Widerspruch: Pascal und seine Pensées
22.01.2020: Vollendung im Unendlichen: Friedrich Schlegels Studium-Aufsatz und die Romantisierung der Moderne (mit einem Rückblick auf das Jahrhundert der Aufklärung)
29.01.2020: Radikale Modernität? Baudelaires Les Fleurs du Mal
05.02.2020: Vollendung – ein Signum der Moderne? Prousts Recherche du temps perdu